2 // ÜBERGÄNGE
Der fließende Übergang von einem Schreibstil in einen Anderen war präzise ausgedrückt der Kerngedanke. Stil-Vermischungen an und für sich sind nichts Ungewöhnliches, nur ist eben diese spezielle Art der Vermischung eher eine Rarität. Das liegt wohl daran, dass dieser Ansatz für viele Textinhalte auch nicht tragend funktioniert. Die Amnesiatomica-Werkreihe bietet allerdings für genau solche Experimente den idealen Rahmen.
Das Zeilenband im Bild ist also ein Zusammenspiel von grob sechs bis sieben verschiedenen Schreibstilen, die ich bereits über Monate hinweg erprobt hatte. Mir schwebte vor, diese ‚Halbalphabete‘ nicht separat voneinander zu verwenden. Und ich malte mir vor dem inneren Auge aus, dass diese Idee der fließenden Verwandlungen nur dann gelungen umgesetzt sei, wenn letztlich die Grenze zwischen Stilen und Übergangsformen verschwimmen würde … ohne dabei vage zu agieren.
Blickt man von dieser Perspektive aus auf die größeren Zusammenhänge, so wirken die uns bekannten Hauptstile wie Inseln in weitverzweigten Gewässern. Sie sind die Orte, an denen wir Orientierung und Halt finden, an denen das Leben klaren Regeln folgt. Auf diesen ‚Inseln’ ist klar, wo man sich genau befindet. (Sprich: Hier Gotik – da Antike, hier Renaissance – da Moderne – hier Okzident, da Orient, … ). Historisch tradierte Schreibstile sind in diesem Zusammenhang also auch 2023 noch Ankerstellen bzw. Identifikatoren verschiedenster Art. Allerdings liegt der viel größere Anteil der Ereignisse unscheinbar zwischen diesen ‚Inseln‘; in den Strömungen und sich überkreuzenden Entwicklungsprozessen ringsherum.
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